"Gemeinsam den Ganztag gestalten": Stadt Ludwigshafen stellt Konzept zur Umsetzung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsförderung vor

26.08.2025

Kinder im Grundschulalter haben ab 1. August 2026 einen rechtlichen Anspruch auf eine ganztägige Betreuung und Förderung. Wie in Ludwigshafen die Vorgaben des "Gesetzes zur ganztägigen Förderung von Kindern im Grundschulalter", kurz GaFöG, ab dem Schuljahr 2026/2027 umgesetzt werden sollen, ergibt sich aus einem im Dezernat Kultur, Schulen, Jugend und Familie der Stadt erarbeiteten Rahmenkonzept. Das Konzept soll am 4. September in einer gemeinsamen Sitzung von Schulträger- und Jugendhilfeausschuss beraten und am 22. September 2025 im Stadtrat beschlossen werden. Ludwigshafen kann auf der Basis dieses Rahmenkonzeptes den Anspruch auf Ganztagsförderung ab dem Schuljahr 2026/2027 sicherstellen.

"Der Rechtsanspruch auf Ganztagsförderung ist aus pädagogischer Sicht ein großer Fortschritt für Familien. Gewinnen werden die Kinder, denn zentraler Leitgedanke ist eine enge Verzahnung von Bildung, Förderung und Betreuung. Wir alle wissen, wie wichtig es ist, Kindern einen möglichst niedrigschwelligen Zugang zu Bildungsangeboten zu ermöglichen. Wir wollen dafür in der Ganztagsförderung in Ludwigshafen Schulen und außerschulische Partner*innen noch stärker vernetzen, um Kindern ganzheitliche Bildungsbiografien zu ermöglichen. 

Gleichzeitig wollen wir Eltern dabei unterstützen, die  Herausforderungen  bei  der  Vereinbarkeit  von Familie und Beruf besser zu bewältigen. Dies entlastet die Familien, es schafft aber auch Perspektiven für Fachkräfte, die in ihren jeweiligen Berufsfeldern dringend gebraucht werden. Vor diesem Hintergrund haben wir mit unserem Rahmenkonzept zum einen den strategischen Fahrplan für die Umsetzung des Anspruchs auf Ganztagsförderung in Ludwigshafen erarbeitet. 

Zum anderen ist das Konzept die Grundlage dafür, unsere Angebote fortlaufend zu evaluieren und an die Bedarfe von Kindern und Eltern anzupassen", erklärte Bürgermeisterin Prof. Dr. Cornelia Reifenberg bei einem Pressegespräch am 27. August 2025 und ergänzte: "Sofern die Gremien zustimmen, können wir damit ab dem kommenden Schuljahr den Rechtsanspruch auf Ganztagsförderung gewährleisten und zwar mit einer qualitätsvollen pädagogischen Betreuung im unmittelbaren Lebensumfeld der Kinder. Die Ganztagsbetreuung ist dabei grundsätzlich offen für alle Grundschulkinder unabhängig von Herkunft oder individuellem Förderbedarf."

Umsetzung beruht auf drei Säulen
Die Umsetzung des GaFöG beruht in Ludwigshafen auf drei Säulen, in denen es bereits heute Angebote der Ganztagsförderung gibt: Ganztagsgrund- und Förderschulen, Betreuende Grundschulen (BGS) und Schulkindbetreuung in den Kindertagesstätten (Nachfolgend als Horte bezeichnet). Diese Angebote werden entsprechend der Bedarfe weiterentwickelt.
 
Von den 24 Grundschulen in Ludwigshafen befinden sich 23 in städtischer und eine in privater Trägerschaft. Davon bieten fünf Grundschulen Klassenstufen als Ganztagsschulen in Angebotsform an, nämlich die Bliesschule, die Karl-Kreuter-Schule, die Schillerschule Oggersheim, die Ernst-Reuter-Grundschule und die Albert-Einstein Grund- und Realschule Plus. Derzeit nutzen 730 Schüler*innen ein Angebot der Ganztagsschule. Die Stadt Ludwigshafen strebt den Ausbau weiterer Ganztagsschulen an und plant den schrittweisen Ausbau dieses Angebotes.

Neben dem Modell der Ganztagsschule gibt es auch das Modell der Betreuenden Grundschule (BGS). Dieses Modell wird an allen städtischen Grundschulen angeboten. Um dem im Gesetz festgeschriebenen Förderaspekt Rechnung zu tragen, wird dieses Angebot ab dem Schuljahr 2026/2027 aufgewertet sowie pädagogisch und organisatorisch erweitert – unter dem neuen Namen BGS Plus.

Zum Schuljahr 2024/2025 verzeichnet die Statistik des Bereichs Schulen für die Betreuende Grundschule 112 Gruppen mit insgesamt 2.240 Plätzen. Bis 2029/2030 soll die BGS Plus voraussichtlich auf 231 Gruppen mit 4.620 Plätzen anwachsen. 

Das erfordert einen deutlichen Personalausbau. Dieser Ausbau und der Ausbau der Ganztagsschulen in Angebotsform stellt sicher, dass der Rechtsanspruch in Ludwigshafen umgesetzt werden kann.

Neben Ganztagsschulen und BGS gibt es 23 Horte der Stadt und freier Träger, die Schulkindbetreuung anbieten. Die Angebote und Struktur der Horte mit insgesamt 950 Plätzen werden in der bisherigen Form weitergeführt.

Flexibles Angebot für Eltern vorgesehen
Das Rahmenkonzept sieht vor, dass es ab dem Schuljahr 2026/2027 an allen Grundschulen bedarfsgerecht ein Betreuungsangebot bis 16 Uhr gibt. Dieses Angebot erfüllt den Rechtsanspruch und kombiniert Lern- mit Freizeitangeboten. Der Anspruch startet mit Klassenstufe eins und wächst jährlich um eine Stufe, bis er 2029/2030 alle vier Grundschuljahre umfasst. 

Der Betreuungsumfang liegt bei acht Stunden täglich. Die Unterrichtszeit wird hierbei mitgerechnet.

Langjährige Erfahrungen mit einer Nutzungsquote von aktuell 51 Prozent sowie Elternbefragungen lassen erwarten, dass künftig rund 85 Prozent der Grundschulkinder ein Ganztagsangebot nutzen werden. Diese Prognose ist Grundlage der Rahmenkonzeption.
 
Das Konzept sieht eine möglichst flexible Nutzung der Ganztagsförderung vor: Eltern haben eine Wahlfreiheit über die Dauer der täglichen Betreuung. Das bisherige Angebot der Frühbetreuung ab 7 Uhr bleibt weiterhin erhalten und ergänzt den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung. In der Betreuenden Grundschule Plus (BGS Plus) kann entweder ein kurzes Betreuungsmodell von 7 bis 14 Uhr und ein langes von 7 bis 16 Uhr gewählt werden. 

Ganztagsschulen erfüllen den Rechtsanspruch durch ganztägigen Unterricht bis auf den Freitagnachmittag bereits jetzt. Für Halbtagskinder wird im Rahmen des GaFöG künftig ebenfalls eine Betreuungszeit bis 16 Uhr angeboten. 

Wenn Eltern für ihre Kinder, die die Ganztagsschule besuchen, auch am Freitagnachmittag eine Betreuung benötigen, können sie diese ergänzend in Anspruch nehmen.  In  den Horten ist die Betreuungszeit verbindlich bis 16.30 oder 17 Uhr festgelegt. Auch hier ist eine Frühbetreuung ab 7 Uhr eingeschlossen. 

In den Ganztagsschulen, in den Horten und im langen Betreuungsmodell der BGS Plus ist ein kostenpflichtiges Mittagessen vorgesehen. 

Während der Oster-, Sommer- und Herbstferien sind Angebote geplant, die ebenfalls eine Betreuungszeit von acht Stunden umfassen. Die konkrete Ausgestaltung der Ferienbetreuung wird in einem nächsten Schritt erfolgen.

Platzvergabe und Anmeldung
Bei der Vergabe der Plätze in der Ganztagsförderung haben zunächst die künftigen Erstklässler*innen mit Rechtsanspruch Vorrang. Alle weiteren Anmeldungen werden berücksichtigt, sofern noch freie Plätze verfügbar sind. 

Wichtig für Eltern ist zudem, dass sie zwar bei einer Anmeldung ihre favorisierte Betreuungsform, also Ganztagsschule, Betreuende Grundschule oder Hort angeben können. Welches Angebot die Kinder tatsächlich nutzen können, hängt vom tatsächlich verfügbaren Angebot am jeweiligen Grundschulstandort ab. 

Die Kostenbeteiligung der Eltern richtet sich nach der Betreuungsform: Ganztagsschulen (außer Mittagessen) sind kostenfrei, Horte und BGS Plus-Angebote kostenpflichtig. Auch die Ferienbetreuung ist kostenpflichtig. Die Beiträge sollen sozial ausgewogen gestaltet werden. Die genaue Höhe wird spätestens bis Jahresende beschlossen sein. 

Neue Abteilung Ganztagsförderung
Die Organisation und Umsetzung des Rechtsanspruches wird die Abteilung Ganztagsförderung übernehmen. Die Abteilung ist ab 1. Januar 2026 dem Bereich Jugendförderung und Erziehungsberatung zugeordnet. Im Stellenplan 2025 sind zur Umsetzung in einem ersten Schritt 13 neue Stellen verankert, die nun ausgeschrieben werden. An jedem Grundschulstandort wird eine pädagogische Fachkraft als Teamleitung eingesetzt, um Qualität zu sichern, Raumkonzepte zu planen und Zusatzangebote   für  den  Nachmittag  zu  koordinieren.

Dabei arbeitet sie mit Vereinen, freien Trägern und andere Partner*innen aus dem Sozialraum zusammen sowie mit der jeweiligen Schulleitung und den bei der Stadt zuständigen Stellen wie dem Bereich Schulen. So entstehen für jeden Grundschulstandort individuell angepasste Konzepte für die Gestaltung des Ganztages. Möglich ist eine hybride Nutzung von Schulräumen für die Betreuungsangebote. 

Im Hinblick auf den erforderlichen Ausbau von Küchen und Mensen hat der Stadtrat bereits am 23. September 2024 ein Maßnahmenpaket für die notwendigen baulichen Veränderungen beschlossen. 
Bei diesen investiven Maßnahmen für die Errichtung von Räumen für die Ganztagsförderung verbleibt ein Eigenanteil von 30 Prozent bei der Stadt. Dieser Eigenanteil für das im September 2024 beschlossene Paket liegt bei rund 1,8 Millionen Euro. Daneben bilden die Personalkosten den größten Anteil bei der Ganztagsförderung ab. Bis zum Endausbau im Jahr 2029/2030 ist von einem Mehrbedarf bei den Personalkosten in Höhe von 6,7 Millionen Euro zu rechnen.
 
"Auch wenn wir inhaltlich hinter der Ganztagsförderung stehen, müssen wir einmal mehr feststellen, dass uns Aufgaben übertragen werden, für die wir keine ausreichende Gegenfinanzierung vom Gesetzgeber erhalten. Letztlich verbleiben die Kosten für Personal und Ausbau zu einem nicht unerheblichen Teil bei der Stadt. Die Bertelsmann-Stiftung hat in ihrer jüngsten Veröffentlichung zu den Kommunalfinanzen festgestellt, dass die Verschuldung der Kommunen wesentlich durch den Aufwuchs an Personal und die Steigerung bei den Personalkosten mit verursacht wird. Insofern macht das wieder einmal deutlich, in welch absurder Situation wir uns befinden. Gesetzliche Vorgaben zwingen uns zu Personaleinstellungen, für die uns die ADD bei der Haushaltsgenehmigung beanstandet", so Bürgermeisterin Prof. Dr. Reifenberg.

Starke Partner an der Seite
Die Stadt hat bei der Konzeption und Umsetzung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsförderung starke Partner an ihrer Seite. Einer dieser Partner ist BASF, die sich im Rahmen ihres Bildungsengagements in das Projekt "Gemeinsam den Ganztag gestalten" einbringt. 

"In der Ganztagsförderung liegt für uns ein großer Hebel für mehr Bildungsgerechtigkeit. In enger Zusammenarbeit mit der Stadt, den Schulen und durch die Kontakte zu unseren externen Partnern haben wir bereits vor Inkrafttreten des Rechtsanspruchs zahlreiche AGs an die Ludwigshafener Grundschulen gebracht, um das Angebot am Nachmittag zu verbessern – in der Qualität und in der Breite. Thematisch ist für jedes Kind etwas dabei: Sprachförderung, MINT oder auch Bewegungsangebote", erklärt Anna Katharina Rapp, Leiterin des Gesellschaftlichen Engagements bei BASF.

Durch die finanzielle Förderung des Unternehmens war es außerdem möglich, die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung (DKJS) als weiteren Partner zu gewinnen. Die DKJS ist durch ihre überregionale Expertise im Bereich Ganztag, aber auch ihre Steuerung, Planung und Umsetzung des Multi-Stakeholder-Prozesses eine große Bereicherung im Projekt.  

Stichwort: Gesetz zur ganztägigen Förderung von Kindern im Grundschulalter (Ganztagsförderungsgesetz - GaFöG)
Der Bundesgesetzgeber hat mit dem "Gesetz zur ganztägigen Förderung von Kindern im Grundschulalter" (Ganztagsförderungsgesetz – GaFöG) einen Rechtsanspruch auf ganztägige Betreuung und Förderung im Sozialgesetzbuch VIII (Kinder- und Jugendhilfegesetz, SGB VIII) verankert.

Der Anspruch ist in Paragraf 24 Absatz 4 des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (SGB VIII) geregelt. Danach hat jedes Kind ab dem Schuleintritt bis zum Beginn der Klassenstufe 5 einen Anspruch auf ganztägige Förderung an fünf Tagen pro Woche und in den Ferien. Mit dem GaFöG fasst der Bund als Gesetzgeber Änderungen bestehender Gesetze zusammen, die die Umsetzung des Anspruchs auf Ganztagsbetreuung regeln. 

Der Rechtsanspruch nach dem GaFöG greift stufenweise ab dem Schuljahr 2026/2027 (beginnend mit Klassenstufe eins) und wächst pro weiteres Schuljahr um eine weitere Klassenstufe auf. Er gilt demnach ab dem Schuljahr 2027/2028 für die erste und zweite Klasse und ist mit Beginn des Schuljahres 2029/2030 für alle vier Grundschulstufen vollständig umzusetzen. 

Der Anspruch besteht an Werktagen, also von montags bis freitags, im zeitlichen Umfang von acht Stunden täglich. Dieser zeitliche Umfang schließt die Unterrichtszeiten mit ein. 

Zur Erfüllung des Rechtsanspruchs können Städte und Gemeinden auf bereits vorhandene Strukturen zurückgreifen. In aller Regel sind das 

•    Angebote in Ganztagessschulen (GTS)
•    Angebote der Betreuenden Grundschule (BGS) 
•    Angebote in Kindertagesstätten mit Schulkindbetreuung (Horte)

Da das schulische Angebot der Ganztagsschule in Angebotsform (GTSA) in der Regel freitags mit dem Schulschluss endet, machen die Kommunen am Freitagnachmittag an den Schulen ergänzende Angebote. 

Der Rechtsanspruch auf Ganztagsförderung gilt in gleichem Umfang auch für die Zeit der Schulferien. Durch Landesrecht kann eine Schließzeit von vier Wochen festgelegt werden. Von dieser Regelung macht das Land Rheinland-Pfalz Gebrauch. Es ist nach derzeitigem Stand damit zu rechnen, dass in den Weihnachtsferien und an Schultagen nach Feiertagen (sogenannte Brückentage) kein Angebot vorgehalten werden muss. Die restlichen Schließzeiten werden voraussichtlich durch die örtlichen Jugendämter festgelegt.

 

 


Podcast der Stadtverwaltung